Die Tochter des Totengräbers erinnert sich
Der Vater von Frau Katharina G.,
Herr Jakob Jüsten (1884 - 1954), hat etwa ab 1925 als
Zuverdienst den jüdischen Friedhof betreut. Als Gegenleistung
konnte er eine Fläche neben dem Friedhof bebauen und erhielt
einmal jährlich eine Zahlung von den jüdischen Familien,
die er dazu aufsuchte (1.20 - 1,50 M laut Eintragung in sein
Taschenbuch, das leider nicht mehr existiert).
Die Fläche in
der Breite des Friedhofs reichte von der Straße neben der
heutigen Durchgangsstraße bis zum heutigen „Vorplatz"
einschließlich. Diese Fläche (Vorplatz Bergheim-seitig)
wurde von ihm für Futtermittelanbau genutzt, erstere
(Mondorf-seitig) für den Rhabarberanbau. Ein etwa drei Meter
breiter Zugangsweg führte auf den alten Eingang zu, er war
begrünt und wurde kurz gehalten, der Grasschnitt ebenfalls an
das Vieh der Familie Jüsten verfüttert.
Jakob Jüsten mit seiner Tochter, der Zeitzeugin, bei deren Kommunuionfeier |
Herr Jüsten war
gelernter Korbmacher, bezog nach einem Betriebsunfall auf dem Bau
eine geringe Invalidenrente und nahm daher diese Tätigkeit im
Nebenverdienst an. Seine Familie waren Nachbarn der Familie
Leopold Levy, die einen
Brunnen / Pumpe auf dem Grundstück besaß. Frau G. rühmt
das gute und selbstverständliche nachbarschaftliche
Verhältnis und berichtet, dass es z.B.,. selbstverständlich
war, dass sie der blinden Frau Levy etwa beim Kartoffellesen etc.
half. |
Frau G. erinnert sich, dass
Mathilde und Renate Levy
ihrer Familie aus Theresienstadt geschrieben haben. Der Sohn Erich
hat sie um 1960 besucht, anlässlich eines jüdischen
Kongresses in Köln. Bei dieser Gelegenheit erhielt er von der
Mondorferin Frau Emans Briefe, die seine Mutter / Schwester
geschrieben hatten, und einen Geldbetrag, den sie von der Familie L.
Levy zur Aufbewahrung erhalten hatte; Erich Levy hat diesen Betrag an
die Familien E. und G. verteilt.
Frau G. erinnert sich weiterhin,
dass sie die nach Rheidt (zu Frenkel) verzogene Familie B.
Wolff dort besuchte und erstaunt war, dass diese dies als
positive Veränderung betrachtete. Als Begründung wurde das
Verhalten der durch den Lehrer aufgestachelten Mondorfer Schulkinder
genannt.
Zum Friedhof :
Neben dem Friedhof (Richtung
Provinzialstraße) befand sich früher (vor dem Krieg) ein
Bolzplatz auf dem Gelände einer ehemaligen Ziegelbrennerei;
verschossene Bälle richteten Schäden an. Es kam auch
wiederholt zu Übermutshandlungen, Grabsteine wurden umgeworfen
etc.
So erinnert sich Frau G. an ein Kindergrab der Familie
Leopold Levy (sie glaubt sich an eine Meta Levy zu erinnern) (C10),
auf dem eine Art Engelchen aufgestellt war, das sie später
zerstört vorfand. Das Fundament ist noch erhalten.
Dieses und
ein weiteres Kindergrab auf C9 wurden von ihr gepflegt. Pflege
bedeutete, dass die Grabfläche geharkt und von jedwedem Bewuchs
freigehalten werden musste Den heutigen Bewuchs mit Bodendeckern
kommentiert sie sinngemäß mit : „Die machen es sich
einfach."
Die Einfassung der Gräber,
wie z.B. bei Julius Cahn, war ein Zeichen
von Wohlstand.
Das Grab des Julius Cahn und des Emanuel Wolff
seien auch mit Grabgestecken etc. versehen worden, die es ansonsten
nicht gegeben habe.
Frau G. kann sich auf Nachfrage nicht
erinnern, dass ihr Vater mit Sieglarer Juden wegen des Friedhofs in
Verbindung gestanden habe.
Frau G. ist überzeugt, dass die
Grabtafeln für Max Frenkel und Leopold Levy (noch) nicht
vorhanden waren, als sie um 1960 (zum letzten Mal) den Friedhof mit
Erich Levy besuchte. Beim Besuch auf dem Friedhof ist sie sich
sicher, dass beide Grabstellen heute falsch angelegt sind; das Grab
des Max Frenkel (E6) sei in Wirklichkeit
an E10, das des Leopold Levy (E3)
an E9, da es üblich gewesen sei,
außen beginnend zu belegen. Für Ehepartner wurden
Grabstellen frei gehalten und ggflls. zunächst
„überschlagen".
Sie ist sich auch sicher, dass der
Eingang zum Friedhof erst nach dem 2. Weltkrieg an den heutigen Platz
verlegt worden ist.
"Gewalt
beendet keine Geschichte"
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